Liebe Michelle
- Vera Rieger
- 1. Juni
- 2 Min. Lesezeit
29.5.25
Endlich wieder ein Brief, nicht nur habe ich eine Woche ausgelassen, sondern dann auch noch bis heute herausgezögert. Ich glaube, es wird eher kurz. Aber es hat Gründe. Nun ist schon fast Ende Mai und das Semester offiziell zu Ende. Zum Glück. Einige Dinge muss ich trotzdem noch abgeben. Der Mai war eigentlich gefüllt mit Highlights, Poetry Slam Schweizermeister:innenschaften, anderer coole Slams, einer mit Hotel, Geburtstag & morgen lese ich noch an den Solothurner Literaturtagen. Doch da waren auch noch die schlaflosen Nächte und die 14-Stunden Tage, die stressende to-do-liste, die frustrierende Klasse, das Gefühl, die Schule zu enttäuschen, an der ich arbeite. Besonders das Schlafmanko führte dazu, dass ich all die Dinge teils alle in einem Delirium erlebte, es geschah um mich herum. Gewisse schöne Momente, gerade am Geburtstag oder den Slams, konnte ich trotzdem sehr geniessen dank euch allen. Ich bekam viele kleine Geschenke. Das war schön. Die Vorstellung dieses Geburtstags habe ich einfach in einer grössenwahnsinnigen Phase gefestigt. Letztes Jahr war der Mai der Monat, der mich gerettet hat und nun hat mich der Mai so richtig hops genommen.
Ich bade gerade die Folgen meiner Selbstüberschätzung aus. Ich dachte, ich könne 130 credits in 2 Jahren machen inklusive Austauschsemester, daneben 30 Prozent arbeiten und noch künstlerisch tätig sein, well turns out, kann ich nicht. Ich schäme mich dafür, vor einem halben Jahr, arrogante Mails an die Administration geschrieben zu haben. Ich sollte bis zum 15. Juni ein Praktikum in Montpellier für Februar 26 finden, hahaha.
Gewisse Tendenzen haben sich noch verstärkt. Ich hasse den Morgen und liebe den Abend. Vorher habe ich auf dem Balkon bei Sonnenuntergang endlich wieder einmal 100 Seiten in einem Guss gelesen, das hat sich gut angefühlt.
So, ich glaube, das war das kleine Update, ich versuche in 2 Wochen wieder einen anständigen Brief zu schreiben, dann ist meine OP um. Es gab Tage, da freute ich mich auf die Operation, weil ich wusste, dass ich dann einfach im Spital bin und ich dort nichts abgeben oder machen muss. Dann kann ich vielleicht gut schlafen.
Die Empfehlungen lasse ich heute weg, aber ich empfehle dir trotzdem «Die schönste Version» von Ruth Maria Thomas, auch wenn ich erst auf Seite 100 bin. Und der Film «Heldin», grossartig. Nun also doch zwei Empfehlungen.
Have fun in deinem weekend <3
01.06.25
Der Text oben schon zwei Tage her und irgendwie jetzt schon komisch zu lesen. Ich will 'alles gar nicht so tragisch' schreiben, aber ich weiss nicht recht. Ich habe gerade deinen neuen Brief gelesen übers Gewitter und der ist so wunderbar poetisch und ich wollte nicht nichts schicken. Drumm halt so. Aber Solothurn war echt voll krass und wir hatten noch anniversary, war auch sehr schön. Im Spital schreibe ich dann etwas Anständiges. Versprochen. Gute Nacht. Und alle sollen sich auf deine Post morgen freuen.
Alles Liebe
Vera




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