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Liebe Michelle

  • Vera Rieger
  • 1. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Heute habe ich einmal wieder eine Story. Wäre ich 5 Jahre jünger, würde ich sagen, es ist so eine richtige Vera-Story. Was meist nichts allzu Gutes verheisst. (In meinem ersten Blog, den ich mit 19 starten wollte, hätte es nur solche Geschichte gegeben, also dumme Dinge, die mir passieren, ich hätte ihn «Aus dem Leben» genannt.) Nun ja, du kennst die Geschichte schon, aber ich versuche sie jetzt für unsere Lesenden besonders unterhaltend aufzutischen.



Letzten Sonntag habe ich mit F. spontan eine Wanderung von Dietikon nach Zürich unternommen. Nun ja, «Wanderung» ist etwas übertrieben, wir sind der Limmat entlanggelatscht. Er ging sich danach eine Show ansehen. Ich habe mich wiederum spontan bei A. zum Essen eingeladen. Sich bei A. zum Essen einladen ist immer eine gute Idee, es war köstlich. Es wurde etwas später als gedacht und ich habe mich dann entschieden, den 22:08 Zug zurück nach Basel zu nehmen. F. hatte schon einen früheren Zug erwischt nach der Show. Am HB angekommen, sah ich auf der grossen Tafel, dass der 21:59 Verspätung hatte. Was für ein Glück, der 21:59 ist der Schnellzug nach Basel. Als Fernziel stand Mannheim. Also bin ich eingestiegen und begann etwas zu lesen oder wahrscheinlich eher auf Instagram herumzugammeln. Als ich das Gefühl hatte, wir müssten jetzt langsam angekommen sein, schaute ich aus dem Fenster und realisierte, dass der Zug soeben in Schaffhausen abgefahren war. Shit. Etwas gestresst checkte ich auf Maps, ob wir jetzt Richtung Ostschweiz, Thurgau etc. fahren würden, aber der Zug steuerte direkt nach Deutschland. Ich lief beunruhigt zum Kondi, oder besser gesagt: zum Schaffner, und erklärte ihm meine Situation. Verwirrt erläuterte er mir, dass es meine einzige Option sei, «mit ihnen» nach Mannheim zu fahren und dort einen Zug zurück nach Basel zu nehmen. Ich wäre um 2 in Mannheim gewesen, dann etwa um 6 Uhr morgens wieder in Basel. Unterdessen waren wir in Singen angelangt und blieben dort stehen. In diesem Moment war ich tatsächlich etwas aufgeregt und dachte schon an die Geschichte. Es machte mir nichts aus, also entschied ich mich dazu, zu commiten. Meine andere Option wäre nämlich gewesen, die S-Bahn nach Schaffhausen zurück zu nehmen. Bis nach Zürich kam ich aber nicht mehr. Ich überlegte mir, jemanden anzurufen, um mich in Schaffhausen abzuholen. Aber die Mannheimvariante lockte mich mehr. Doch der Zug fuhr in Singen nicht mehr weiter.


Wir blieben einfach stehen, einzig von draussen hörte ich 2 Durchsagen; erst 25 Minuten Verspätung, dann 80 Minuten Verspätung. Nach knapp 2 Stunden fuhr auf dem Gleis gegenüber ein anderer Zug ein. Keine Information. Ich lief hinüber und hörte einige darüber reden, dass dies der Ersatzzug nach Frankfurt sei. Ich hatte keine andere Wahl. Nach einer gefühlten Ewigkeit fuhr der los. Es war der Horror, ich hatte so richtig kalt, da ich nur kurze Hosen, eine Bluse und ein dünnes Jäckchen trug. Um mich herum schliefen die Leute am Boden mit Schlafsäcken (so Reisende) oder in Hängematten. Auf DB.de sah ich angezeigt, dass dieser Zug direkt nach Frankfurt fahren würde ohne Halt in Mannheim. Dort hätte ich um 5:50 eine Verbindung zurück nach Basel gehabt. Doch plötzlich blieb dieser Zug auch stehen. In Ludwigsburg.



Der Schaffner verlautete in der Durchsage ein Halt, da der Lokführer schon zu lange gearbeitet hatte und nun ersetzt werden musste. Also warteten wir auf den neuen Lokführer. Ich sage dir, die Deutsche Bahn war schon lange nicht mehr so hart Deutsche Bahn gewesen. Ich versuchte erfolglos verschiedene Liegepositionen, machte es mir irgendwann in der Embryostellung auf den Sitz gequetscht ungemütlich. Plötzlich wurde ich angetippt vom Mann nebenan. Wir hatten davor kurz geredet und er wusste, dass ich eigentlich nach Mannheim musste. Wir waren in Mannheim. Ich kramte schnellstens meine Sachen zusammen und rannte aus dem Zug. Es war 5:50. Der «Haferkater» hatte zum Glück schon offen. Eine Gruppe gutaussehender Studentinnen redeten über ihren verschobenen Flug. Sie waren in Urli-Stimmung. (Ich wollte das Trendwort dieses Sommers einfach noch einmal benutzen).

Ich schlürfte daneben benommen meine heisse Schokolade. 6:30 dann der Zug nach Basel, um knapp 09:00 war ich zuhause. Ich versuchte noch ein paar Stunden Schlaf zu kriegen, was eher schlecht als recht klappte. Es war Montag, aber glücklicherweise musste ich nicht arbeiten. Stell dir vor. Der Schulleitung anzurufen: ‘tschuldigung, ich bin aus Versehen in Mannheim, kann leider kein Franzi geben heute morgen’.



Um das Ganze noch aufzuklären: Der Zug wäre normalerweise über Basel gefahren, aber es gibt momentan eine Stellwerkstörung bei Freiburg. Der reguläre 59 war schon weg.

So weit so gut. Heute ist wieder Sonntag und heute wird mir das sicherlich nicht nochmals passieren, ich bin sicher am Schreibtisch. Gestern waren wir wieder in Zürich bei A., weil er Geburtstag hatte. Seit langem war ich wieder einmal im Club, wenn auch nicht so lange. Ansonsten versuche ich gerade, die Tage so zu gestalten, dass sie mir nicht aus den Händen gleiten, da sie immer so schnell vorbeigehen, ich nicht so viel hinkriege.

Der Spätsommer riecht gut. Ich versuche ihn trotz meiner konstanten Erschöpfung aufgrund der Schlafprobleme etwas wahrzunehmen. Vielleicht gehe ich heute noch einmal in den Rhein, mal schauen.

Ausserdem werde ich jetzt vielleicht auch ein Gymgirl, da mir mein Kniearzt Gym verschrieben hat. Hab es noch nicht gelöst, aber vielleicht gibt es ja dann auch mal gemeinsame Gymsessions statt Spaziergänge. Ich darf sogar wieder gaaaanz wenig joggen. Das werde ich nachher tun. Und work outen, draussen. Brauch ich, sehr.

So, ich wechsle zu den Kategorien.



Etwas zum Lesen: von dir ausgeliehen Just Kids von Patti Smith, habe ich in eben dieser Nach im Zug gelesen, bin leider immer noch nicht ganz fertig, da ich langsam bin. (Obwohl lesen manchmal meine einzige Morgenaktivität ist.) Du magst es zwar nicht so gerne, aber ich finde für Träumende liest es sich gut. In Mannheim habe ich mir ausserdem noch das Trendbuch Yellowface gekauft. Ich hoffe nächstes Mal davon erzählen zu können. UND ich habe ausnahmsweise deinen Tipp befolgt und den Newsletter von Hannah Connoly gelesen, den Beitrag von letztem Jahr: «Romanticing September» https://substack.com/home/post/p-17218073


Glotzen weiss ich nicht.


Etwas zum Hören: ganz kitschig: Sound of Silence von Simon and Garfunkel.


Wort der Woche: nachtlos.


Alles, alles Liebe und bis ganz bald irgendwo zwischen dir und mir.



Vera


Die heisse Haferschoggi im Haferkater
Die heisse Haferschoggi im Haferkater

 
 
 

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