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Liebe Michelle

  • Vera Rieger
  • 10. Nov.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 11. Nov.

03:11


Ich bin seit 01:00 wach. Das weiss ich, weil ich mich nicht daranhalte, nachts nicht auf die Uhr zu schauen. Einschlafen geht bekanntlich immer. Gestern hatte ich mehr als 7 Stunden durchgeschlafen, aber das rächt sich bekanntlich immer. Jetzt habe ich zweimal die Wörter bekanntlich immer benutzt, was an und für sich schon hässliche Wörter sind. Aber vielleicht auch sinnbildlich?


Ich verspäte mich um mehrere Wochen, da ich endlich wieder schöne Dinge schreiben will, aber noch keine schönen Dinge in mir habe. Ich kann nicht nur über meine Unzulänglichkeit dem Leben gegenüber schreiben. Diese ist stets präsent, das Gefühl, den Anforderungen des Lebens grundsätzlich nicht gerecht zu werden. Keine Routinen einhalten zu können, egal wie gross oder klein. Nichts fertigzukriegen, mein Pullover, ein Buch, ein Stirnband, eine Wohnung ohne Fruchtfliegen, eine Instastory. Es ist fucking langweilig. Gerade habe ich in vielen kleinen Projekten einen Fuss drin, mehr aber auch nicht und ich weiss nicht recht, wo der rote Faden meines Alltags ist. Ausser die Schule, die Schule saugt so viel von meinem headspace auf, obwohl ich nur etwas mehr als 40% arbeite. Und dann brauche ich einen Nachmittag, um eine Mail zu schreiben oder so. Ich will mich für Dinge interessieren, Dinge kreieren, Dinge wahrnehmen, mich über Dinge nerven, Dinge falsch machen. Aber der Knoten in meinem Hirn ist noch da, oder so. Irgendwie.


Es wird wirr werden und ich gebe mit dieser Wirrheit nun hin, da du Literatur studierst und deswegen damit umgehen musst. Zum Teil denke ich, dass unsere Briefe zu sehr Monologe und zu wenig tatsächliche Briefwechsel sind. Gerade bin ich auf der Suche nach brauchbarem Text meine Textfätzen durchgegangen. Hier zum Beispiel einer:


Es ist doch beruhigend zu wissen, dass es im Leben so viele Sorgen gibt, dass die jetzigen bestimmt irgendwann von andern ersetzt werden. :) Erstellt am 29. April 2024 um 16:15


Schon beruhigend, irgendwie. Dann habe ich noch etwas anderes, was gerade nicht mehr so passt, da es auch schon etwas älter ist, aber das Gefühl kann ich immer noch gut nachvollziehen. Ich möchte unbedingt meine Freund:innenschaften besser pflegen und euch mehr schreiben, mich melden, mich mit euch über tolle Dinge unterhalten, das Weltgeschehen, Bücher, Filme, Tratsch und Klatsch aus der Promiwelt oder meinetwegen Sport. Nun aber das kleine Textchen, es ist auch ein bisschen cringe und übertrieben auch. Letztens habe ich ein Reel gesehen, indem jemand gesagt hat, dass es cringe ist, cringe zu sagen. Let’s embrace the cringe:


Meinen Freund:innen sind krass. Ich bin oft unsicher und fühl mich wie ein Loser, aber nicht wenn es um meine Freund:innen geht. Da kenne ich keine Bescheidenheit, sonst würden sie meine Feinde sein. Hier sind alle Menschen gemeint, die mich umgeben, egal ob sie Blut oder Sex mit mir haben.

Meine Freund:innen schreiben wissenschaftliche papers und werden zu Konferenzen in Kanada eingeladen mit 22. Meine Freund:innen können zaubern, for real, richtig gut. Meine Freund:innen spielen Festivals und Bundesfeiern, haben ihre Musik auf Spotify und geben Alben raus. Meine Freund:innen bauen Häuser innen und aussen. Sie malen und zimmern. Meine Freund:innen leben in besetzten Häusern. Meine Freund:innen sind politisch. Meine Freund:innen schreiben für Zeitungen. Meine Freund:innen schreiben Bücher, die Hits werden werden.  Meine Freud:innen werden Ärtzt:innen. Meine Freunde werden Lehrer:innen. Meine Freund:innen sind Gärtner:innen und bauen Mauern und Wege. Kennen tausende Pflanzen. Meine Freund:innen pflegen Beeinträchtigte. Meine Freund:innen kümmern sich um die verhaltensauffälligsten Migrantenkinder der Nation, die niemand sonst will. Meine Freund:innen kriegen Kinder. Meine Freund:innen hocken in Universitäten und Verlägen und Büros. Arbeiten bei Ikea und in der Gastro und in der Ikeagastro. Meine Freund:innen finanzieren ihre Lebensunterhalte aus eigener Tasche. Meine Freund:innen schreiben Bachelor- und Masterarbeiten. Meine Freund:innen sind Klassenbeste. Meine Freund:innen leiten Vereine mit 100 Kindern, meine Freund:innen organisieren prides. Meine Freund:innen können Opern singen und Rachmaninov spielen. Sind Sänger:innen und Pianist:innen. Meine Freund:innen haben grosse Träume. Vom erfolgreichen Künster:innendasein oder einer Familie. Oder beidem. Meine Freund:innen reisen. Meine Freund:innen machen Forschungsprojekte in Rehakliniken in fetten Luxushotels am Vierwaldstättersee. Meine Freund:innen sind Ballettänzer:innen am bayerischen Staatsballet. Meine Freund:innen wandern in die USA aus. Meine Freund:innen achten aufs Klima. Meine Freund:innen sind Vegetarier:innen. Meine Freund:innen tanzen. Meine Freund:innen sind auf Gästelisten in Clubs. Meine Freund:innen sind krass.

Deine Freund:innen sind scheisse. - Erstellt am 29. Juni 2023 15:16



Ich sollte eine updated Version von diesem Text schreiben.

Mir war es einfach wichtig, heute zu schreiben. Denn ich will nicht, dass das Projekt stirbt, oder dass du aufhörst zu schreiben. Zum Schluss, bevor ich zu den Kategorien komme, noch eine kleine Liste mit Dingen, die ich in letzter Zeit gelernt habe, da es sie eben doch gibt. Cool.


  • Ctrl I und Ctrl B


  • Wie American Football funktioniert. Wohlbemerkt nach mehr als 7 Jahre mit einem Patriotsfan! Ich schaue es nun sogar gerne.


  • Ich habe gelernt, dass die Hirnkapazität mit 50 oder 60 und somit auch die Lernfähigkeit fast gleich gross sind, wie bei Jugendlichen oder Kindern. Es also ein Mythos ist, dass man irgendwann nicht mehr so schnell Neues lernen kann. bzw. eher umstandsbedingt als tatsächlich neurologisch. (weniger neue Erfahrungen = weniger neue Verknüpfungen).


Nun zu den Kategorien:


Etwas zum Lesen: Ich habe endlich den Bajour Newsletter abonniert, sollte etwas regelmässiger lesen.


Etwas zum Glotzen: OMG, bald kommt Stranger Things 5. Da freue ich mich drauf, ich habe jetzt dann bald den Rewatch durch. Ansonsten die Doku über Victoria Beckham, mein Genre. Noch ein Not-Watch Tipp: Letztes Jahr habe die RomCom Serie Nobody Wants This inhaliert! Aber Staffel 2 ist voll der Flopp…


Etwas zum Essen: Gedämpfte Bohnen. Das kann ich gut.


Etwas zum Hören: Ich habe mir jetzt gerade Berghain von Rosalia angehört. Das wollte ich schon die ganze Zeit tun. Ich weiss nicht so recht, als Song funktioniert es irgendwie nicht? Aber schon krass.


Wort des Herbst: Nostalgiegeruch.


Es ist 04:11. Ich werde jetzt noch etwas lesen aus dem Buch, was du mir ausgeliehen hast und dann vielleicht noch ein bisschen schlafen. Ganz viel Liebe! Ganz ganz viel an alle!!

 

Vera


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